Interkulturelle Kompetenz
in der Arabischen Welt
Vortrag in Mannheim-Ludwigshafen
Auf Einladung der Wirtschaftsjunioren Mannheim-Ludwigshafen hatte ich vor ein paar Wochen das Vergnügen, einen Abend lang einen Einblick in die interkulturellen Erfolgsfaktoren in der Arabischen Welt zu geben.
Der Vortrag traf bei den Wirtschaftsjunioren auf großes Interesse -- besonders diejenigen, die bereits in der Region zu tun haben, fanden viele Anknüpfungspunkte und so manches Aha-Erlebnis.
In der aktuellen Ausgabe 2/10 von "WJ Info", der Zeitschrift der Wirtschaftsjunioren der Metropolregion Rhein-Neckar, erschien nun ein Artikel über den interkulturellen Abend.
Ich freue mich, den Artikel nachfolgend wiederzugeben:
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Text: Martin Slosharek
Bilder: Andreas Hauser, Martin Slosharek und Deren Taysi
Bilder: Andreas Hauser, Martin Slosharek und Deren Taysi
Hintergrund
Eine effektive und umfassende Vorbereitung auf neue oder sich ändernde Marktbedingungen in der arabischen Welt ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden. In vielen Fällen wird jedoch nur ein geringes Augenmerk auf die zusätzlichen Herausforderungen des internationalen Umfelds gelegt – dabei sind es oft gerade die interkulturellen Missverständnisse, die Nerven, Zeit und Geld kosten und sogar Projekte zum Scheitern bringen können.
Eine wesentliche Voraussetzung für nachhaltigen geschäftlichen Erfolg in den Maghreb-, Levante- oder Golfstaaten ist es daher, die verantwortlichen Manager und Führungskräfte auf ihre Rolle als effiziente und effektive Projektleiter und Mitarbeiter im interkulturellen Kontext der arabischen Welt vorzubereiten und zu schulen.
Zielsetzung
Der Arbeitskreis Bildung und Wirtschaft widmete sich nicht nur auf Grund der zunehmenden Islamisierung der westlichen Welt in einem Trainingsabend den interkulturellen Erfolgsfaktoren, sondern auch vor dem Hintergrund der zunehmenden weltwirtschaftlichen Rolle der arabischen Länder.
Ziel des Kurzseminars war es, die Besonderheiten und Eigenarten von arabischem Kulturverständnis vermittelt zu bekommen und den teils erheblichen Einfluss auf die Zusammenarbeit durch persönliches Erleben ins Bewusstsein zu bringen.
Der etwas andere Einstieg
Die Vorstellungsrunde verlief anders als gewohnt; unser Trainer, Andreas Hauser, stellte sich zwar vor, ging hierbei aber ausschließlich auf für uns ungewohnte und teilweise intime private Aspekte ein: Heimatort, Familienstatus, Eltern, Großeltern, persönliche Interessen. In der folgenden Übung gingen wir paarweise zusammen und sollten im Rahmen eines persönlichen Gespräches mindestens drei Gemeinsamkeiten ausschließlich im privaten Bereich herausfinden. Ziel der Übung war es, die Sensibilität für die Wichtigkeit der privaten Ebene zu schärfen.
Die persönliche Beziehung in der arabischen Welt ist vielleicht der wichtigste Faktor, welcher letztendlich auch über den beruflichen Erfolg entscheidet – und dies stellt viele Westeuropäer und insbesondere uns Deutsche vor eine große Herausforderung. Kriterien für den Erfolg im internationalen /interkulturellen Bereich sind nicht ausschließlich die fachliche Kompetenz, sondern gerade zwischenmenschliche Charakterzüge wie Offenheit, Respekt, Intuition und Flexibilität, ohne allerdings das berufliche Ziel aus den Augen zu verlieren.
Die Arabische Welt
Einen Überblick über die arabische Welt erhielten wir in spielerischer Form. An Hand eines geographischen Puzzles, bei dem jedes Land mit seinen Umrissen sowie der Hauptstadt dargestellt ist, sollte die arabische Welt von zwei konkurrierenden Gruppen zusammengesetzt werden.
Hier waren sowohl Wissen über Länder und Geographie, alternativ aber auch Puzzle-Qualitäten gefragt – es gab also mehrere Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen. Der Überblick zeigte, welch großen Länder (z. B. Saudi-Arabien) die Arabische Welt birgt, vermittelte aber auch einen Zusammenhang zu Städten, die man bisher kaum (Sana’a, Kartoum) oder gar nicht (Nouakchott) kannte. Das Puzzle gibt es übrigens unter www.lpb-bw.de zu bestellen…
Nach der für manch einen erstmaligen Feinorientierung in der Geografie der Arabischen Welt folgte eine Abgrenzung der Begrifflichkeiten (Arabische Welt, Naher Osten, Maghreb, GCC) sowie ein zahlenmäßiger Überblick über relevante Länder bezüglich Landesgröße, Einwohner, Bruttosozialprodukt pro Kopf oder Touristenankünfte, welche doch auf Seiten der teilnehmenden Wirtschaftsjunioren für manche Überraschung sorgte.
Werteverständnis
Während in Deutschland Werte wie Arbeit, Qualität und Zuverlässigkeit im Vordergrund stehen, ist das in vielen Bereichen der arabischen Welt unterschiedlich. Familie und Religion sind die treibenden Werte, die auch von Ausländern gerade in der Zusammenarbeit respektiert werden müssen. Z
ur Verdeutlichung zeigte der Trainer einen touristischen Werbefilm des Königreichs Saudi-Arabien. In der anschließenden Diskussion wurde klar, welche Werte das Land nach außen repräsentiert und wie es gesehen werden möchte. Im ganzen Film wurde keinerlei touristische Infrastruktur (Hotels, Restaurants, Freizeitmöglichkeiten) gezeigt, stattdessen herrschten Bilder von Familien (und hier insbesondere männlichen Kindern), Natur, Traditionen, Religion und Menschen vor.
Islam als Basis der Gesellschaft
Die Religion des Islam spielt in vielen arabischen Ländern eine starke Rolle und beeinflusst das private und wirtschaftliche Leben in erheblichem Maße. Dementsprechend wurden die offensichtlichsten Faktoren innerhalb des Trainings angesprochen: unterschiedliches Wochenende, spezielle Feiertage, Gebetszeiten und ihre Bedeutung, Tabus sowie Weltsichten.
Die besondere Rolle der Frau in der Arabischen Welt spiegelt sich auch bei der Geschäftsetikette wider: lange, fließende Kleidung, die den Körper verhüllt, sollte präferiert werden, und es solle kaum Haut gezeigt werden.
Indirekte Kommunikation
Deutschland ist bekannt für seine offene und direkte Kommunikationsweise, die allerdings in großen Teilen der Welt oft als wenig wertschätzend und eher unhöflich angesehen wird. In einer weiteren Übung wurden wir dazu animiert, eine Reihe von Fragen eindeutig negativ und absagend zu beantworten, allerdings ohne dabei die Worte NEIN, ABER, LEIDER und NICHT zu benutzen.
Es war für die anwesenden Wirtschaftsjunioren keine leichte Aufgabe, um den heißen Brei herumzureden und ausweichende Antworten zu geben, aber essenziell, um in indirekten Kulturen wie der arabischen mit Bedacht in der Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen umzugehen. Durch das selbständige Üben von indirekter Kommunikation fiel es uns leichter, auch später verpackte Kritik oder ablehnende Äußerungen zu erkennen und so darauf präventiv zu reagieren.
Handlungsempfehlungen
Anhand von arabischen Sprichwörtern fasste der Trainer die grundlegenden Werte und Verhaltensweisen in der Arabischen Welt nochmals zusammen. Eine Reihe von Handlungsempfehlungen war dazu ausgelegt, die typischen Fehler von deutschen Geschäftsfrauen und –männern zu vermeiden.
Verschiedene Tabus und absolute Verbote wurden vor dem interkulturellen Hintergrund beleuchtet, so z. B. der Umgang mit der Farbe Grün, das Händeschütteln mit arabischen Frauen oder das Fotografieren öffentlicher Gebäude. Und last but not least vielleicht die wichtigste Empfehlung im Umgang mit anderen Kulturen: Das Lächeln und den Humor niemals zu verlieren, denn sie helfen in den meisten Situationen am weitesten!
Herzlichen Dank an Andreas Hauser für einen erfrischend interessanten und kurzweiligen Abend!
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Für alle Interessenten, hier ist der direkte Link zum Info-Magazin zum Download:
Download "WJ Info" Ausgabe 2/10
Für weitere Informationen zu den Wirtschaftsjunioren Mannheim-Ludwigshafen:
Download "WJ Info" Ausgabe 2/10
Für weitere Informationen zu den Wirtschaftsjunioren Mannheim-Ludwigshafen:
Weblink WiJu Rhein-Neckar
Andreas Hauser
Management Consultant & Intercultural Trainer
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