Sunday 25 January 2015

Internationalisierungsstragien in Unternehmen


Wie global ist Ihr Unternehmen wirklich?

Deutsche Produkte sind in der Welt unter dem Qualitätslabel "Made in Germany" bekannt und viele deutsche Marken generieren den Großteil ihres Umsatzes fern des Heimatlandes. Der Anspruch, ein Global Player in ihrem jeweiligen Marktsegment zu sein und sich international aufzustellen gehört zum Selbstverständnis vieler mittlerer und großer Firmen. Doch wie weit ist es wirklich her mit einem internationalen Denken in den Management- und Führungsebenen deutscher Unternehmen? 

Gerade wenn es um internationale Zusammenarbeit geht, variieren die Modelle, nach denen sich Firmen mit ihren jeweiligen Partnern, Tochterunternehmen oder Niederlassungen ausrichten. Als Diskussionsgrundlage helfen dabei vier Internationalisierungsstrategien, die Haltung und Verhaltensweisen in der Interaktionen darstellen. 

  • Polyzentrische Strategie
    Das deutsche (Stamm-)Haus und die ausländischen Tochterunternehmen arbeiten gut und mit wenig Überschneidung fast unabhängig nebeneinander her
  • Ethnozentrische Strategie
    Das Umfeld in den ausländischen Niederlassungen ist eindeutig deutsch geprägt, es wird nach Vorgaben aus dem (Stamm-)Haus gearbeitet
  • Synergetische Strategie
    Die ausländischen Einflüsse werden zunehmend auch in Deutschland eingebunden und internationale Managementteams aufgebaut
  • Geozentrische Strategie
    Im internationalen Umfeld bildet sich eine komplett neue Firmenkultur, die universell auf der Welt Anwendung findet

Im Modell stellt der linke Kreis die Firmenkultur des Heimatlandes dar (das zur besseren Erläuterung hier das deutsche Stammhaus sein soll), dessen Organisationskultur grau hinterlegt ist; der rechte Kreis repräsentiert den internationalen Partner, dessen natürliche lokale Gegebenheiten in weiß unterlegt sind. 
  
 Unterschiedliche Ansätze der Internationalisierung

 
Oft folgen die Internationalisierungsstrategien einem zeitlichen Abfolgeprozess. Die polyzentrische Strategie ist typisches Merkmal für erste Internationalisierungsversuche, z. B. über lokale Vertriebspartner und Netze. Diese ist meist gefolgt von der ethnozentrischen Strategie, in der lokale Niederlassungen (z. B. Produktionsstätten) aufgebaut werden, die von Deutschland aus kontrolliert und geführt werden. Einen Schritt weiter geht die synergetische Strategie, welche auf die Notwendigkeit zunehmender Internationalisierung mit Einbeziehung globaler Marktvertreter auch in der Zentrale reagiert. Die geozentrische Strategie wiederum kreiert einen globalen Managementstil, der unabhängig von den jeweiligen Verhältnissen vor Ort weltweit implementiert wird. 


Polyzentrische Strategie
Wird häufig bei funktionaler Internationalisierung angewendet: es herrscht ein hoher Grad an Unabhängigkeit vom deutschen Stammhaus; die Unternehmensführung des Partners passt sich den lokalen Gegebenheiten an; die ausländische Firmenkultur bleibt erhalten; es findet kein Austausch an Mitarbeitern und an Know-how statt.



Ethnozentrische Strategie

In der Vergangenheit typischerweise bei institutionellen Internationalisierungen zu finden, aber auch heute noch weit verbreitete Firmenphilosophie: zentrale Entscheidungen werden im Heimatland getroffen; die Firmenkultur und Unternehmensführung des ausländischen Partners sind stark deutsch geprägt; ein deutscher Expatriate steht im Ausland in leitender Funktion; ausländisches Know-how oder Mitarbeiter werden kaum in das deutsche Denken integriert.



Synergetische Strategie

Vor der Hintergrund zunehmender Globalisierung von deutschen Konzernen verstärkt angestrebtes Modell: grundsätzliche Ausrichtung des ausländischen Partners nach Leitlinien der heimischen Firmenkultur bei gleichzeitig gewährleistetem Grad an Unabhängigkeit; Entscheidungen werden in gegenseitiger Abstimmung mir Rücksicht auf lokale Gegebenheiten getroffen; Einheimische in leitenden Entscheiderfunktionen, einzelne Positionen im Führungs- und Fachbereich sind von deutschen Expatriates übernommen; ausländische Einflüsse werden im Heimatland als positiv und gewinnbringend betrachtet; Austausch von Mitarbeitern und Aufbau von internationalen Managementteams wird gefördert.



Geozentrische Strategie

Im internationalen Umfeld bildet sich eine neue Generation von Mitarbeitern, die universell auf der Welt zum Einsatz kommen: Stammhaus und ausländische Gesellschaft werden als integrative Teile eines weltweiten Unternehmensnetzes betrachtet; lokale Gegebenheiten werden als gegeben akzeptiert; Produkte und Prozesse werden international anwendbar gestaltet; Fach- und Führungskräfte definieren sich zunehmend nicht mehr über Nationalkulturen, sondern über Funktionalität im internationalen Umfeld; durch optimale Allokation von Ressourcen wird die globale Effizienz des Unternehmens maximiert.


Und wie sieht nun die Realität bei deutschen Konzernen und Mittelständlern aus? 



Nach meiner Erfahrung bedienen sich gerade die großen deutschen Unternehmen der zweiten Strategie: Sie setzen auf die in Deutschland erprobte (Organisations-)Kultur als Erfolgsrezept für die Führung und das Management ausländischer Vertretungen oder Tochterunternehmen. Dabei wird vor dem Zeichen zunehmender Globalisierung außer Acht gelassen, dass ein einheimisches Gesicht oft zu höherer Akzeptanz in den Märkten führt und das flexible Eingehen auf lokale Kundenanforderungen den Ausschlag für wirtschaftlichen Erfolg geben kann.



In Deutschland setzt sich nur langsam ein nachhaltiges internationales Bewusstsein in Führungsfragen durch. Obwohl mittlerweile der Anteil ausländischer Vorstände in den deutschen Dax-Unternehmen auf über ein Viertel gestiegen ist, kommen diese oft aus Europa, in einigen Fällen aus den USA; nur in seltenen Fällen sind Vertreter der asiatischen Zukunftsmärkte zu finden. 

Doch auch die heimischen Unternehmen beginnen zu verstehen, dass bei steigender internationaler Konkurrenz das Wissen und das Verständnis für die Märkte die Garanten wirtschaftlichen Erfolgs sind. Daher wird die Erfahrung und die Expertise ausländischer Fach- und Führungskräfte zunehmend auch im Inland strategisch eingesetzt, was sich den erhöhten Zahlen von Impatriates oder Inbounds nach Deutschland niederschlägt. 


Praktische Tipps: 
Machen Sie sich bewusst, welche Inter-nationalisierungsstrategie Sie und Ihr Unternehmen verfolgen wollen und können; nutzen Sie aktiv das Wissen und die Erfahrung internationaler Kollegen, sowohl in den ausländischen als auch in den Heimatmärkten; und bereiten Sie sich und andere adäquat auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor!
 



Andreas Hauser

Consultant Trainer Coach
International Management & Leadership

www.developingculture.com

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